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„Gold gab ich für Eisen 1813.“

Ring: Gold gab ich für Eisen.
Das Symbol patriotischer Opferbereitschaft des Jahres 1813 ist auch heute noch gehüteter Familienschatz..

Preußen war 1813 durch die napoleonische Besatzung und die erzwungenen Contributionszahlungen ausgesogen, die Staatskassen leer, der Wohlstand der Bürger so gut wie vernichtet. Die Ausrüstung für die freiwillige Teilnahme am bevorstehenden Befreiungskrieg kostete viel Geld; manchem armen Jüngling, dem es heiß im Herzen brannte, war es nicht möglich, die Kosten dafür aufzubringen.

Einen ungeahnten Erfolg hatte der glückliche Gedanke eines Berliner Bürgers, welcher in einer öffentlichen Aufforderung den Vorschlag machte, die goldenen Trauringe auf dem Altar des Vaterlandes darzubringen, sie zur Gewinnung von Geldmitteln einzuschmelzen, und den Gebern dafür eiserne mit der Inschrift zu geben:

„Gold gab ich für Eisen 1813.“

„So wird“, heißt es in der Aufforderung, „was ein Familienschatz war, ein solcher bleiben und auch ein höherer, ein Vaterlandsschatz, gleichsam ein Amulet werden, das mit dem ganzen Inbegriff häuslicher Tugenden auch noch jene höhere, die jetzt außerordentliche Zeit entfaltet, auf Kind und Kindeskinder forterben wird.“

Rudolf Werkmeister hieß der brave Mann, der diesen schönen und großen Gedanken gehabt und sich unter ausdrücklicher Erlaubnis des Militärgouvernements erboten hatte, den Umtausch und die Ablieferung der Ringe und die damit verbundenen großen Arbeiten der Rechnungslegung zu übernehmen.

Unbeschreiblich war der Erfolg seiner Aufforderung. Schon am Tage nach der Bekanntmachung wurden 150 goldene Ringe gegen eiserne umgetauscht. Nach einer ungefähren Berechnung sind in jener Zeit etwa 160.000 goldene Ringe, Ketten, Halsbänder, Ohrringe u.s.w gegen jene eisernen Ringe eingetauscht und dann zur Gewinnung von Geldmitteln zur Kriegführung eingeschmolzen worden. In den Bekanntmachungen der Berliner Zeitung beziehen sich darauf folgende Mitteilungen unter der Rubrik „Vaterlandsliebe“:

Von einem invaliden Offizier zwei goldene Trauringe: „Das einzige, was ich noch besitze, leg ich mit Freude auf den Altar des Vaterlands.“

Eine unbemittelte Witwe bringt gern ihr Liebstes dem Vaterlande zum Opfer dar: Zwei goldene Trauringe.

Der Übersendung eines Traurings war folgender Vers beigegeben worden:

„Du bist mir wert seit fünfundzwanzig Jahren
Und solltest mich bis in mein Grab begleiten,
Doch geh, ich weiche Dich den Jünglingsscharen,
Die für des Vaterlandes Freiheit streiten:
Verwandle Dich, o Ring, jetzt in ein Schwert,
Dir bleibet auch als Stahl Dein heil’ger Wert!“

Ferdinande von Schmettau in Breslau
Ferdinande von Schmettau

Das ergreifendste Opfer treuer Vaterlandsliebe aber brachte eine schlesische Jungfrau aus Breslau dar, ein 18jähriges Mädchen, Ferdinande von Schmettau. Sie war arm, sie hatte nichts, was sie auf dem Altar des Vaterlandes niederlegen konnte. Da kam ihr ein Gedanke. Ihr wundervolles blondes Haar war schon oft in der Gesellschaft der Gegenstand der Bewunderung wie des Neides gewesen. Sie ging zu einem Friseur und fragte ihn, welchen Betrag er ihr für das Haar bieten würde. „Zehn Taler.“ sagte der Mann, und das Mädchen bittet ihn hocherfreut, es abzuschneiden und ihr das Geld dafür zu zahlen. Aber der Friseur ist fast entsetzt über dies Verlangen; er sollte seine Schere ansetzen, um das junge Mädchen ihres schönsten Schmuckes zu berauben? Nein, nimmermehr! SO sehr sie ihn auch bittet, er kann es nicht; er weigert sich.

Aber die Jungfrau wankt nicht in ihrem Entschlusse. Schweigend verlässt sie den Laden, begibt sich nach Hause, schneidet selbst den wundervollen Schmuck ab und legt das Haar in einem der zahlreichen Annahmekomitees, welche an verschiedenen Stellen der Stadt ihre fliegenden Bureaus aufgeschlagen haben, mit folgenden Worten auf den Tisch: „Der Friseur hat für das Haar zehn Taler geboten; es macht mich glücklich, dem Vaterlande dies kleine Opfer bringen zu können.“ Groß war der Eindruck, den die edle Tat bald in allen Kreisen machte. Das Komitee ließ Haarringe, Schnüre und Armbänder aus der Fülle des schönen Haares machen. Diese fanden bald reißenden Absatz und wurden als Andenken an eine so schöne Hingebung so teuer verkauft, daß ein Erlös von 1200 Talern erreicht wurde.

(Im Weltkrieg wurde dieser patriotische Geist bereits einmal wiederbelebt, in dem es 1916 hieß: „In eisernen Zeiten: Gold gab ich zur Wehr, Eisen nehm ich zur Ehr.“)

Knittel Paul – Die deutschen Befreiungskriege Band 1, 1901, Seite 379ff

3 Kommentare

  1. Renate Hoff Renate Hoff 20. November 2019

    In meiner Stadt war es 1916 ähnlich.
    Ein ortsansässiger Künstler, Robert, aus der Bildhauer-Familie Cauer schuf eine lebensgroße Statue des mittelalterlichen Lokalhelden Michel Mort aus Holz (der Metzgergeselle rettete seinem Herrn, dem Grafen Johann von Sponheim, in einer blutigen Schlacht 1279 das Leben; er selbst starb dabei). In das Holz konnte man gegen einen kleinen Beitrag einen Eisennagel einschlagen. So entstand der eiserne Michel, der heute ein Schattendasein in einer dunklen Ecke des Heimat-Museums fristet.

  2. Thomas Irmer Thomas Irmer 18. April 2020

    Beeindruckend! Zutiefst beeindruckend!

  3. Schopenhauer Schopenhauer 13. September 2020

    Wann wird der Preussische-Correspondent weiter geführt?

    Nie war er so wichtig, wie heute!

    Besten Gruß

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