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Die Heiligkeit der Person des Königs.

Nachdem wir kurz innehalten, um uns das Leben und Wirken preußischer Könige, des ruhmreichsten deutschen Herrschergeschlechtes der Hohenzollern, in Erinnerung zu rufen, wollen wir uns sogleich detailliert der persönlichen Unverantwortlichkeit des Königs zuwenden, welche Artikel 43 der Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850 in den Worten ausdrückt:

Die Person des Königs ist unverletzlich.

Vermöge des hierdurch ausgesprochenen Grundsatzes der Heiligkeit der Person des Monarchen, als Inhabers der Staatsgewalt, wird es unmöglich, ihn wegen irgendeiner Handlung oder Unterlassung, seien es Regierungsakte oder Handlungen, die er als Privatmann vornimmt, persönlich zur Rechenschaft zu ziehen, selbst dann nicht, wenn seine Handlungen oder Unterlassungen an und für sich ungerecht oder verfassungswidrig wären.

Da der König die höchste Gewalt im Staate inne hat, so kann keine andere über ihm stehen, die ihn zur Rechenschaft ziehen könnte. Es folgt jedoch aus dem Grundsatze der Unverletzlichkeit der Person des Königs keineswegs die Befugnis desselben zu willkürlicher Herrschaft, sondern alle seine Rechte sind zu gleicher Zeit Pflichten gegen das Volk, weshalb er bei seinen Regentenhandlungen an die Bestimmungen der Verfassung und der Gesetze gebunden ist, – eine Verpflichtung, welche er durch das Gelöbnis (Art. 54 der Verfassungsurkunde), „die Verfassung fest und unverbrüchlich zu halten und in Übereinstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren“, feierlich übernommen hat. Nur daß der König wegen Verletzung solcher Verpflichtungen nicht selbst wegen Verfassungsverletzung zur Verantwortung gezogen werden kann, sondern nur Gott und seinem Gewissen verantwortlich ist, und daß es keinen irdischen Richter der Könige gibt als die Geschichte.

Der verfassungsmäßige Schutz gegen Verletzung der Verfassung und gegen Mißbrauch der Regierungsgewalt aber besteht darin, daß der König Minister anstellt, welche für die Beobachtung der Verfassung und für die Gesetzmäßigkeit jeder Regierungsmaßregel bürgen, weshalb jeder Königliche Regierungsakt von einem Minister mitunterzeichnet sein muß, um Gültigkeit zu erlangen, wodurch dann dieser Minister die Verantwortlichkeit für die Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit des Inhaltes des betreffenden Königlichen Befehls übernimmt (Art. 44 der Verfassungsurkunde). Dieser durch den Grundsatz der Ministerverantwortlichkeit zugesicherte Schutz bezieht sich indes nicht auf solche Handlungen des Königs, welche gar nicht mit dem Beistande der Räte der Krone begangen werden, also nicht auf etwa von dem König allein vorgenommene Regentenhandlungen, noch auf Privathandlungen, durch welche er nicht als Staatsoberhaupt, sondern als Mensch, Rechte verletzt. Dieserhalb findet überhaupt keine Anklage auf Bestrafung statt; denn die Unverletzlichkeit des Königs ist ganz allgemein ausgesprochen. Auch dem Könige, der die Krone niedergelegt hat, steht diese Unverletzlichkeit zu.

Die verfassungsmäßige Unverletzlichkeit der Person des Königs schließt übrigens keineswegs seine Verbindlichkeit aus, vor den Zivilgerichten Recht zu nehmen, wenn an ihn Forderungen gemacht werden, zu welchen er nicht in der Eigenschaft des Staatsoberhauptes, sondern durch Privathandlungen oder als Besitzer von Privateigentum Veranlassung gegeben hat. Wo also, wie auf dem Gebiete des privatrechtlichen Vermögensrechtes, die öffentlich-rechtliche Persönlichkeit des Königs von seiner Privatperson völlig geschieden werden kann, ist er – gleich den Mitgliedern des Königlichen Hauses – kraft spezieller gesetzlicher Vorschrift den allgemeinen Landesgesetzen unterworfen, und den Gerichtsstand für solche Rechtsstreitigkeiten bildet der bei dem Kammergericht gebildete Geheime Justizrat und in letzter Instanz das Reichsgericht.

 

aus: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, Band 1, §12. Träger und Organe der Staatsgewalt, S. 208

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